Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun
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Ausnahmen vom Bauverbot im Grünland.

Warum Grünland oft nicht grün bleibt.

Fast jeder, der eine Wiese besitzt, hätte gern eine Baulandwidmung dafür. Gemeinden sind oft dazu bereit, und wenn nicht, bleibt immer noch Plan B: das Ausnützen der Ausnahmen vom Bauverbot im Grünland. So mancher wurde da schon spontan zum Heurigenwirt.

Bauland ist in vielen Gegenden ein rares Gut geworden. Im Umland von Ortschaften entstehen oft immer mehr Häuschen mit kleinen Gärten- und nicht immer stehen diese Häuschen nur dort, wo sie laut Flächenwidmung stehen dürften. Wenn es zu wenig Baugrund gibt, müssen nicht selten andere Flächen herhalten. Solche im Grünland zum Beispiel.

In bestimmten Ausnahmefällen kann das sogar erlaubt sein. So darf etwa in Niederösterreich bei einem bereits vorhandenen, „erhaltungswerten“ Wohngebäude, das nach Ausstattung und Größe ganzjährig bewohnbar ist, trotz Gründlandwidmung die Nutzfläche auf 130 Quadratmeter erweitert werden. Auch ein familieneigener Wohnbedarf kann eine Erweiterung der Wohnnutzfläche rechtfertigen.

So mancher Grünland – Liegenschaftseigentümer verfiel da schon auf die rettende Idee, nur deshalb eine ihm fremde Familie anzumelden. Und so wurde dann aus einer kleinen Hütte ein ganzjährig bewohnbares Haus.

Spezielle Regeln gelten für Flächen, die für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung gewidmet sind. „Dort dürfen nur Bauten für solche Tätigkeiten errichtet werden- oder für die Ausübung eines Buschenschankbetriebes“, erklärt Doris Fürtbauer, Rechtsanwältin bei Hügel Schrittesser in Mödling. Zur Verbesserung der Wohnverhältnisse oder für den Betrieb einer Privatzimmervermietung sind auch bauliche Veränderungen erlaubt.

Der „Freibrief“ für die Errichtung von Buschenschankbetrieben führe in der Praxis dazu, “dass es immer mehr Nebenerwerbsheurigenwirte gibt, die nur ganz selten “ausgesteckt“ haben“, so Fürtbauer. Dass solche Bauten ohne Widmungsänderung möglich sind, werde häufig kritisiert, und ebenso, dass dabei oft naturschutzrechtliche Bestimmungen umgangen werden.

Auch zu Umwidmungen kommt es immer wieder. Gemeinden würden Bauprojekte oft unterstützen, meint die auf Immobilien spezialisierte Rechtsanwältin Gabriele Schmid, denn sie lassen die Kassen klingeln. Grünland werde mitunter irrtümlich als Reservefläche angesehen, auf die bei Baugrundknappheit zugegriffen werden kann, die Folgen einer Widmungsänderung würden dabei zu wenig bedacht.

Sinn und Zweck von Umwidmungen ist ein anderer –etwa um Unschärfen des örtlichen Raumordnungsprogrammes zu bereinigen oder wenn überörtliche Planungen es erfordern. Raumordnungsziel ist es unter anderem, eine Zersiedelung zu verhindern.

Die Höchstgerichte haben in den letzten Jahren immer wieder Planungsmaßnahmen korrigiert, die diesem Ziel widersprochen haben.

Für die Beurteilung von Planänderungen gelten strenge Maßstäbe. So erachtet der Verwaltungsgerichtshof Wünsche einzelner Personen, ihre Grundstücke als Bauland gewidmet zu erhalten, zwar als verständlich, sie seien aber für sich allein noch kein wichtiger, eine Widmungsänderung rechtfertigender Grund. Je kleinflächiger und je peripherer die geplanten Widmungsänderungen sind, desto eher werden sie als rechtswidrige zersiedlungsfördernde Maßnahme angesehen werden. Grundsätzlich haben Liegenschaftseigentümer keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Widmungskategorie.

Wenn in einer Gemeinde eine Änderung des Flächenwidmungsplans in Angriff genommen wird, muss der Entwurf für die neue Verordnung im Gemeindeamt zur allgemeinem Einsicht aufliegen. In dieser Zeit kann jeder eine Stellungnahme zum Entwurf abgeben. “Betroffene Grundeigentümer sollten diese Möglichkeit unbedingt nützen“, rät Schmid. Sie empfiehlt, sich bei der Formulierung solcher Stellungnahmen rechtlich beraten zu lassen.

Denn Umwidmungen geschehen nicht immer zum Vorteil der Grundeigentümer, Flächen können beispielsweise auch ihre Baulandwidmung verlieren. Ist der neue Flächenwidmungsplan aber erst einmal erlassen, ist es nicht einfach, ihn zu bekämpfen.

Sollen Änderungen bei der Flächenwidmung oder im Bebauungsplan vorgenommen werden, muss die Gemeinde eine Bausperre verhängen. Laut der Niederösterreichischen Bauordnung etwa tritt die Bausperre zwei Jahre nach ihrer Kundmachung außer Kraft, wenn sie nicht früher aufgehoben wird. Sie kann vor dem Ablauf dieser Frist einmal für ein Jahr verlängert werden. Solange sie gilt, darf weder eine Bauplatzerklärung erfolgen noch eine Baubewilligung erteilt werden, wenn dadurch der Zweck der Bausperre gefährdet würde. Auf bereits zum Zugang der Kundmachung anhängige Bauverfahren hat die Bausperre aber keine Auswirkung. Ebenso wenig ändert sie vorerst etwas an der Widmung der betroffenen Liegenschaften. Für deren Eigentümer kann sie allerdings zum argen Problem werden, weil sie Bauvorhaben zumindest aufschieben müssen.

Die Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, halten sich in Grenzen. “Obwohl eine Bausperre eine starke Beeinträchtigung der Eigentümerinteressen darstellt, kann sie nur ausnahmsweise bekämpft werden“,so Schmid. Für ihre Wirksamkeit reicht es grundsätzlich, wenn die Verordnung, mit der die Bausperre erlassen wird, konkret begründet ist, insbesondere durch Angabe der beabsichtigten Widmungsänderung. Eine Interessenabwägung oder eine Grundlagenforschung ist vorher nicht nötig, die nähere Prüfung erfolgt erst im Verfahren zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes oder Flächenwidmungsplans. Denn, so Schmid: „Es ist ja gerade Sinn und Zweck einer Bausperre, dass innerhalb ihres Geltungszeitraums geprüft werden kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des Flächenwidmungsplans vorliegen.“

Bei einer gesetzeskonformen Bausperre gibt es zunächst auch keinen Anspruch auf eine Entschädigung. Für den Fall, dass es dann zu einer Änderung einer Baulandwidmung kommt, kann es jedoch Entschädigungsansprüche geben.

Für die Eigentümer spannend wird es, wenn eine Baulandwidmung deswegen abgeändert wird, weil man plötzlich feststellt, dass ein Grundstück hochwassergefährdet ist. Dann kommt es aufs Detail an, ob man entschädigt wird oder nicht. So hat man nach dem Niederösterreichischen Raumordnungsgesetz keinen Anspruch auf Wertausgleich, wenn die Baulandeignung eines Grundstücks ohnedies durch gewisse natürliche Hindernisse bedroht war, zum Beispiel 100 – jähriges Hochwasser, ungenügende Tragfähigkeit des Untergrunds, Rutschgefahr, Altlasten oder Ähnliches.

„Man müsste dann aber prüfen, warum das Grundstück früher überhaupt als Bauland gewidmet wurde, und ob die Hochwassergefährdung nicht etwa erst durch allzu eifrige Flussverbauungen in der Vergangenheit entstanden ist“, meint Schmid. Bei vermuteten Gefährdungen dieser Art sieht das Raumordnungsgesetz nämlich sogar die Verhängung einer unbefristeten Bausperre für noch unbebaute Flächen vor. Und wenn sich das Problem nicht innerhalb von fünf Jahren beseitigen lässt, sollte die Baulandwidmung aufgehoben werden.

„Bauten im Grünland stellen jedenfalls eine große Herausforderung für den Bürgermeister der jeweiligen Gemeinde dar, der die erste Instanz im baurechtlichen Verfahren ist“, konstatiert Arthur Kanonier vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Technischen Universität (TU) Wien. „Die Prüfung der Bauführung bei dieser Widmungskategorie ist oft sehr schwierig.“

Autor: Mag. Katharina Braun, “die Presse“ am 27.10.2011