Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun
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Pro und kontra Acta

Umstrittenes Abkommen. Ist die Aufregung berechtigt oder beruht sie auf unreflektierten Befürchtungen? Daran scheiden sich die Geister.

Acta, das „ Anti Counterfeiting Trade Agreement“, ist höchst umstritten: Brauchen wir dieses internationale Handelsabkommen gegen Fälschungen“ – oder ist es ein weiterer Schritt in Richtung Überwachungsstaat?

„ Der größte Kritikpunkt der Gegner ist, dass Internetprovider bei Verdacht eines Verstoßes Daten herausgeben müssen“, so Egon Engin – Deniz, IP – Experte bei CMS Reich – Rohrwig Hainz. Und zwar konkret IP- Adressen und Namen. Stelle man dem jedoch den Schaden durch massenweisen illegalen Download von Musik und audivisuellem Content gegenüber,
„ kann die Abwägung nur zugunsten der Verfolgung derartiger Verstöße ausfallen“, meint er. Auch Andrea Grubinger, Rechtsanwältin bei Baker Mc Kenzie, hält die Aufregung für übertrieben: Die finale Version decke sich weitgehend mit geltendem EU- Recht und bringe auch für den IP- Rechtsschutz in Österreich keine grundlegenden Veränderungen. Das Abkommen sei auch nicht, wie ein weiterer Kritikpunkt lautet, im Geheimen ausgehandelt worden: „ Den Mitgliedstaaten stand es frei, an allen Sitzungen teilzunehmen.“

Ermittlung gegen unbekannte Täter

Die Möglichkeiten, Urheberrechtsverletzungen im Web zu verfolgen, sind in Österreich eingeschränkt. Insbesondere ist eine Ermittlung gegen unbekannte Täter ausgeschlossen“, so Engin – Deniz. Das liegt am niedrigen Strafrahmen, erst bei höherer Strafdrohung könnte die Herausgabe von Daten verlangt werden. Durch Acta würde es wohl dazu kommen. Andere EWR – Länder sehen aber jetzt schon höhere Strafen vor, laut EU – Recht wäre die Datenherausgabe sogar ohne strengere Strafbestimmungen nicht ausgeschlossen: Der EuGH entschied in einem Streit um Musikdownloads, dass weder die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation noch andere EU – Gesetzgebungsakte dem Auskunftsanspruch gegenüber dem Provider entgegenstehen.

Laut dem auf Urheberrecht spezialisierten Wiener Rechtsanwalt Meinhard Ciresa dient Acta primär dazu, „ Staaten, die es bislang mit dem Schutz des geistigen Eigentums nicht so genau nehmen, in die Verantwortung zu nehmen“. Das Abkommen gibt Straftatbestände vor, ebenso die Möglichkeit für Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme von Pirateriewaren. „ Dabei muss man natürlich eine Abwägung zwischen geistigem Eigentum und anderen Verfassungs- oder Grundrechten vornehmen“, so Ciresa.

Kritisch äußert sich Hans Zeger, Obmann der Arge Daten: „ Nach derzeitiger Rechtslage muss ein Provider bei Vorliegen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit einen Inhalt auf seiner Seite löschen. Laut Acta hätten Acta hätten Provider oder Forumanbieter künftig eine verstärkte Überwachungspflicht und müssten schon beim Verdacht einer rechtsmissbräuchlichen Verwendung des Internets tätig werden.“ Zumindest ergebe sich das aus der Interpretation der teilweise vagen Formulierungen. „ Das wäre der Tod für YouTube und alle Social – Media- Plattformen. Jeder, der etwas ins Internet stellt, wäre ein potenzieller Rechtsverletzer. Und welcher Forumanbieter würde sich die Arbeit ständiger Überwachung antun? Das Internet, wie wir es heute kennen, wäre dann nicht mehr möglich.“ Die Unterhaltungsindustrie müsse die geänderten technischen Möglichkeiten akzeptieren und ihre Produkte entsprechend adaptieren, meint er und erinnert an Zeiten, als befürchtet wurde, durch Sportfernsehübertragungen würden Fußballstadien unbesucht bleiben. „Mittlerweile ist daraus ein sehr erfolgreiches Gesamtkonzept geworden.“

Die Idee für Acta ist nicht neu. Die ersten Gespräche gab es 2006, damals zwischen Japan und den USA. Die finale Fassung liegt seit Mai 2011 vor. Nun liegt es an der EU und den einzelnen Mitgliedstaaten, das Abkommen zu unterzeichen – oder eben nicht. Ende Mai befasst sich der EU – Parlamentsausschuss für internationalen Handel damit, eine von der Kommission initiierte Prüfung durch den EuGH auf Vereinbarkeit mit der EU – Grundrechts- Charta steht noch aus:

Autor: Mag. Katharina Braun, veröffentlich in „ die Presse“ am 26.4.2012